Zu Beginn wurde analysiert, weshalb allgemein ein Management verteilter
Anwendungen notwendig ist; im Brennpunkt der Untersuchungen stand
fortan die verteilte Kommunikationsanwendung NWP.
Verschiedene Ansätze für das Management verteilter Anwendungen
wurden anschließend beschrieben und nach Kriterien der praktischen
Anwendbarkeit bei der Erstellung eines Managementkonzeptes bewertet.
Da das Aufstellen eines tragfähigen Managementkonzeptes Detailkenntnisse des zu managenden Systems erfordert, wurden in Kapitel 4 die technischen Eigenschaften des NetzWerk-Programms eingehend geschildert sowie die derzeit verfügbaren Möglichkeiten, NWP-Managementinformationen zu akquirieren.
Für die Entwicklung der Managementszenarien und die Akzeptanz der
aufzustellenden Managementlösung war es von grundlegender Bedeutung,
sich Klarheit darüber zu verschaffen, welche Probleme beim Betrieb
von NWP auftreten und welche Anforderungen die davon hauptsächlich
betroffenen Benutzergruppen an ein NWP-Management richten.
In mehrstündigen Diskussionen und Gesprächen mit dem Personal des
Netzwerkleitstands sowie der NWP-Gruppe konnten wertvolle
Informationen gewonnen werden, die prägenden Einfluß auf den
Entwurf der Managementszenarien hatten.
Schließlich stand die technische Realisierung der Szenarien d.h. deren
prototypische Implementierung auf der kommerziellen
Netzmanagementplattform SPECTRUM im Blickpunkt, die aufgrund des hohen
Maßes an Komplexität den zeitlich bei weitem größten Anteil
beanspruchte.
Als Ausgangsbasis für die Implementierung wurden das Inference
Handler Application Programming Interface, da es als einziges
Toolkit die für die vorliegende Arbeit dringend benötigte
Funktionalität bot, und das Managementmodul MaestroVision
gewählt, bei deren Benutzung jedoch ungeahnte Schwierigkeiten
auftraten:
Die Folge war, daß sämtliche Informationen bezüglich MaestroVision mühsam in langwierigen Terminalsitzungen herausgefunden werden mußten; letztendlich war jedoch der Modellierung von NWP in SPECTRUM Erfolg beschieden.
Das Ergebnis war unbefriedigend, da Probleme beim Link-Vorgang des
SpectroSERVERs auftraten und es trotz intensiven Nachrichtenaustauschs
während 12 Wochen mit Cabletron England nicht gelang, den Fehler zu
beheben.
Als Fehlerursache wurden uns mutmaßliche Inkonsistenzen zwischen den
Compilerversionen genannt, da der (von Cabletron) zum Erstellen der
C++-Libraries verwendete Compiler eine andere Version aufwies als
derjenige, der uns vorlag (und der laut Cabletron zur Entwicklung
verwendet werden sollte).
Die Marktreife einer neuen SPECTRUM-Version, die für Februar 1993
angekündigt war und bei der der erwähnte Fehler (angeblich) nicht
mehr aufgetreten wäre, wurde inzwischen auf August 1993 verschoben
(zu spät, um für die vorliegende Arbeit noch relevant zu sein).
Die Support- und Versionenproblematik--eine unendliche
Geschichte...
Das Münchner Netzmanagement Team hat die Notwendigkeit eines
Kooperationsabkommens mit Cabletron erkannt und entsprechende Schritte
hierzu eingeleitet, um in Zukunft sicherstellen zu können, daß
aufgetretene Fehler in einer akzeptablen Zeitspanne behoben werden.
Wegen der obengenannten Gründe konnten die implementierten Szenarien daher nicht in der Praxis erprobt werden. Nichtsdestoweniger lassen die erarbeiteten Lösungen eine Beurteilung der Möglichkeiten eines NWP-Managements zu.
Obwohl sich sie entwickelten Managementszenarien primär auf
UNIX-Systeme beziehen, lassen sie sich größtenteils auch auf DEC-
oder SNA-Systeme, die als NWP-Knoten fungieren, übertragen.
Anpassungen müssen insbesondere an Großrechner innerhalb der
SNA-Welt erfolgen, da bereits deren Hardwarevoraussetzungen von denen
herkömmlicher Workstations differieren.
In diesem Zusammenhang leistet das Managementmodul BlueVision
gute Dienste, da es SPECTRUM um die NetView/6000-Funktionalität
erweitert und somit erlaubt, SNA Hard- und Softwarekomponenten zu
managen.
Für das NWP-Management essentielle Modelltypen wie ,,Application``
oder ,,Process`` sind dadurch verfügbar.
Gelingt es, ein Managementmodul für die DECnet-Welt mit ähnlich gelagerter Funktionalität zu entwickeln, steht einer umfassenden, integrierten Managementlösung für das NetzWerk-Programm nichts mehr im Wege, da die drei großen Systemwelten UNIX, SNA und DEC in eine einheitliche Managementplattform eingebettet sind.
Eine weitere wichtige Frage, die in Abschnitt 4.3 angesprochen wurde,
bezieht sich auf die Anbindung von relationalen Datenbanksystemen an
SPECTRUM.
Im konkreten Fall NWP bedeutet dies die Integration der (bis jetzt)
statischen Netzdatenbank ISYKON. Gelingt es, die Integration unter
Beachtung der Konsistenz- und Integritätsbedingungen zu vollziehen
d.h. ist es möglich, auf die SPECTRUM-Daten mit Hilfe der
Abfragesprache SQL und auf ISYKON-Daten mit dem Model Type Editor
zuzugreifen, ist die Erweiterung von ISYKON um dynamische Daten nur noch eine Frage der
Zeit.
Im Endausbau wäre ISYKON demnach eine dynamische, NWP-spezifische
Wissensbasis, die neben laufend aktualisierten Hardwarebeschreibungen
auch momentan ausgefallene Knoten und zum Abfragezeitpunkt gültige
Routen beinhaltet. Dies impliziert dynamisches Routing.
Mit der Integration von immer zahlreicheren Komponenten, Systemen und Anwendungen steigt jedoch auch die Anzahl der anfallenden Daten. Hierzu sind zwei Anmerkungen zu machen:
Hier könnte eine Einteilung der Views anhand der Systematik des
ISO-OSI-Referenzmodells erfolgversprechend sein.
Eine Realisierung der OSI-Views für einen NWP-Knoten
würde gestatten, schichtenspezifische Analysen des
Kommunikationssystems zu ermöglichen.
Der konkrete Fall eines ,,abgestürzten`` NWP-Prozesses, ohne daß
ein Fehler in den darunterliegenden Schichten aufgetreten ist, ließe
sich problemlos diagnostizieren, da die graphische Darstellung der
Schicht, in der der Prozeß sich befindet, eine andere Farbe annimmt,
während die Farbe der Icon-Bestandteile, die die
darunterliegenden Schichten repräsentieren, unverändert bliebe.
Im wesentlichen lassen sich die Erkenntnisse für das Management der verteilten Kommunikationsanwendung NWP auch auf verteilte Anwendungen im allgemeinen Sinne übertragen: Im Zuge der Datenintegration sind Fragestellungen wie die Anbindung relationaler Datenbanksysteme an Anwendungen von großem Interesse; die Überwachung des Zustands einer verteilten Anwendung sowie das Lesen und Modifizieren von Konfigurationsinformation und Systemdateien hat auch in der ,,Nicht-NWP-Welt`` seine Berechtigung. Die entwickelten Managementszenarien lassen sich prinzipiell, bis auf wenige Ausnahmen, nicht nur bei Filetransfersystemen, sondern auch bei diversen anderen verteilten Anwendungen einsetzen.
Insgesamt wurde eine Basis geschaffen, die unter Verwendung der Programmiersprache C++ und der Inductive Modeling Technology eine flexible Weiterentwicklung im Hinblick auf eine integrierte Managementlösung für das NetzWerk-Programm erlaubt. Die Erstellung einer graphischen Benutzeroberfläche, die die beschriebenen Sichten beinhaltet, die vollständige Integration vorhandener Datenbestände sowie die Ausdehnung des Managementkonzepts auf weitere Systemwelten sollten die Schwerpunkte bei der Weiterentwicklung der in der vorliegenden Arbeit entworfenen Konzepte bilden.