Die großen Unterschiede in den Informationsmodellen der OSI- bzw.
Internet-Architektur zeigen, daß das
Aufgabenspektrum eines Management-Gateways weit über die bloße
Umsetzung von Protokolldateneinheiten unterschiedlicher
Managementprotolle hinausgeht: Schließlich soll (wie oben gefordert
wurde) ein CMIP/SNMP-Gateway einem OSI-Manager den Zugriff auf
SNMP-Ressourcen auf vollkommen transparente Weise
ermöglichen, d.h. das Managementsystem greift auf SNMP-fähige
Ressourcen auf dieselbe Art zu, wie dies beim Abrufen von
Informationen aus OSI-Agenten der Fall wäre. Folglich ist es Aufgabe
des Gateways, eine OSI-Sicht auf SNMP-basierte Ressourcen
herzustellen. Die Abbildung von Internet-SMI in das
OSI-Informationsmodell ist hierzu unerläßlich.
Das Ergebnis dieser Abbildung ist eine in GDMO übersetzte Internet-MIB, d.h. sämtliche Internet-MOs werden in OSI-MOs überführt. Diese neuen OSI-MOs haben die Aufgabe, dem Managementsystem gegenüber in der Rolle als Proxy-Objekte für die SNMP-Ressourcen zu agieren. Damit wird dem Managementsystem durch das Gateway eine OSI-Sicht auf die Internet-Managementinformation bereitgestellt.
Bei der Abbildung der Informationsmodelle gibt es zwei prinzipielle
Designvarianten, die wir in den folgenden beiden Abschnitten
darstellen und bewerten.
1. Alternative: Direkte Übersetzung mit dem IIMC-Algorithmus
Die sogenannte direkte Übersetzung transformiert Internet-MIBs unmittelbar in neue GDMO Klassen, wobei folgende einfache Regeln gelten:
Aus Platzgründen ist es an dieser Stelle nicht möglich, die Details
des IIMC-Algorithmus zur Überführung von Internet-MIBs in
OSI-MOCs in voller Länge darzustellen. Der interessierte Leser
findet diese in Anhang . Der Algorithmus wird dort
anhand der MIB-II [#!RFC1213!#] näher erläutert.
Es ist offensichtlich, daß die direkte Übersetzung keine bereits in
existierenden MOCs definierten Parameter und Methoden durch Vererbung
übernehmen kann, da jegliche in den SNMP-MIBs enthaltene
Managementinformation in neue, unmittelbar von ,,top`` abgeleitete
Klassen überführt wird. Die Vererbungshierarchie bleibt somit flach
und der Grad an generischer Managementinformation entsprechend gering.
Vorteilhaft ist, daß die Übersetzung nach einem vom NM-Forum
standardisierten Algorithmus [#!nmf26!#] erfolgt. Sie ist somit
deterministisch und daher automatisierbar. In der Tat sind die in
Abschnitt detailliert vorgestellten Beispiele durch einen
Compiler [#!reil93!#] erzeugt worden, dessen momentaner Reifezustand
allerdings manuelle Eingriffe durch den Entwickler in den erzeugten
Code erforderte. Eine detaillierte Beschreibung dieser Problematik ist
in [#!nmf29!#] enthalten.
2. Alternative: Abstrakte Übersetzung:
Die abstrakte Übersetzung zielt demgegenüber darauf ab, die Semantik einer Internet-MIB möglichst weitgehend zu erhalten. Dies geschieht durch Abbildung der Elemente einer Internet-MIB auf diejenigen OSI-MOCs, die durch geeignete Vererbung aus bereits existierenden GDMO-Klassen entstehen.
Als Basis der Vererbungshierarchie können beispielsweise die
Generic Managed Object Classes (GMOC) [#!iso10165-5!#] für die
Modellierung der Internet-Ressourcen benutzt werden. Damit können
SNMP-fähige Ressourcen vollständig, d.h. auch in Bezug auf
Vererbungseigenschaften in das OSI-Management eingebunden werden. Ein
solcher Ansatz findet sich in [#!abch93!#]. Der Einsatz von GMOCs
wirft jedoch eine Reihe von Problemen auf, die nicht zuletzt daraus
resultieren, daß innerhalb des OSI-Informationsmodells lediglich
eine kleine Anzahl generischer und sehr abstrakter MOCs definiert
sind. Obwohl es Versuche gab (z.B. [#!beie93!#]), Teile der MIB-II
durch abstrakte Übersetzung in die Vererbungshierarchie des
OSI-Informationsmodells auf Grundlage der GMOCs einzubinden, hat sich
gezeigt, daß diese Art der Übersetzung von Internet-MIBs vor allem
für Ressourcen, welche nicht zum OSI-Schichtenmodell konform sind,
problematisch ist. Dies äußert sich nicht zuletzt darin, daß
sämtliche GMOCs ausschließlich die Elemente des OSI-Referenzmodells
beinhalten (z.B. Dienstzugangspunkt, verbindungsorientierte
Protokollmaschine usw.) und damit keinerlei Anknüpfungspunkte für
generische MOCs bieten, welche die Komponenten einer verteilten
Anwendung darstellen. Auch die gegenwärtig in Bearbeitung
befindlichen MOCs für Protokollmaschinen des Systems Management
Protocols [#!iso10165-9!#] ändern an dieser Situation nichts
Grundlegendes, sind jedoch ein erster Schritt in die Richtung eines
OSI-basierten Anwendungsmanagements. Das zentrale
Problem liegt jedoch darin, daß die abstrakte Übersetzung
nichtdeterministisch ist, da unterschiedliche Anordnungen der
Vererbungshierarchie denkbar sind. Eine Automatisierung der abstrakten
Übersetzung von Internet-MIBs in OSI-MOCs ist daher nicht machbar.
Wir haben uns daher aus diesen Gründen entschlossen, für die Entwicklung unseres Gateway-Prototypen die Direkte Übersetzung zu verwenden, um damit die Offenheit dieser Systeme zu garantieren.