Gefordert sind daher integrierte und auf die Gesamtheit der Unternehmens-DV abzielende (Enterprise-) Managementkonzepte, die auf effiziente und ressourcenschonende Art den Netz- und Systemadministratoren komprimierte und aussagekräftige Infomationen über den Zustand der Kommunikationsinfrastruktur, der daran angeschlossenen Systeme sowie der darauf ablaufenden (ggf. verteilten) Anwendungen liefern. Obwohl die Problematik bereits seit geraumer Zeit erkannt ist, werden gegenwärtig erhältliche Managementsysteme diesen Anforderungen häufig in nur unzureichender Weise gerecht.
Dieser Zustand resultiert nicht zuletzt daraus, daß neben den bisher bekannten Einflußfaktoren, wie die hohe Komplexität und Heterogenität der zu administrierenden Systeme sowie deren räumliche Verteilung und verhältnismäßig kurze Produktlebenszyklen, in jüngster Zeit zwei weitere Einflußgrößen stetig an Bedeutung zunehmen:
Dies ist zum einen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisationen, also die kooperative Erbringung von Managementdienstleistungen. Ein aktuelles Beispiel hierfür liefert die Telekommunikationsbranche: Aufgrund der bis vor kurzem bestehenden Monopolsituation konnte der Telekommunikations-Diensterbringer nicht zur Offenlegung von Managementinformation verpflichtet werden, um den Dienstnutzern Anhaltspunkte zur Beurteilung der bereitgestellten Dienstgüte zu liefern. Die Liberalisierung auf dem Telekommunikationssektor eröffnet den Betreibern großer Netze nicht nur die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Anbietern von Telekommunikationsdiensten zu wählen, sondern mit diesen auch Dienstgütevereinbarungen abzuschließen. Dies bedingt einerseits die Offenlegung von Dienstgüteparametern durch den Diensterbringer, andererseits jedoch die Notwendigkeit, diese Informationen auf Dienstnutzerseite verarbeiten zu können. Es ist daher erforderlich, die Interoperabilität der Managementsysteme von Dienstnutzer und Diensterbringer sicherzustellen. Die Tatsache, daß Dienstnutzer/Diensterbringer-Beziehungen auf unterschiedlichen Schichten eines Kommunikationssystems bestehen, erfordert die Kooperation von Managementsystemen, die ihrerseits verschiedene Ebenen des gesamten Rechnernetzes managen. Hieraus ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit, auch Managementsysteme überwachen und steuern zu können; dieser Problematik ist bisher von der Fachwelt lediglich geringe Aufmerksamkeit gewidmet geworden. Unabdingbare Voraussetzungen für die Überwachung und Steuerung von Managementsystemen ist das Vorhandensein offengelegter Beschreibungen der Managementinformation von Managementsystemen sowie die Verfügbarkeit hierfür geeigneter Managementdienste. Auch hierzu sind bisher keine einschlägigen Aktivitäten bekanntgeworden.
Die zweite Einflußgröße resultiert aus der drastischen Zunahme der Standardisierungsorganisationen, Industriekonsortien und Hersteller, die de-iure und de-facto Standards für das Management offener Systeme auf dem Markt zu etablieren versuchen. Eine (unvollständige) Aufzählung umfaßt gegenwärtig folgende Vertreter: ISO-ITU, IETF, OMG, DMTF, Opengroup, NM Forum, Sun, Microsoft. Die Tatsache, daß diese von unterschiedlichen Gremien etablierten Managementstandards sich nur in Ausnahmefällen ergänzen und größtenteils in Konkurrenz zueinander stehen, stellt für die Betreiber verteilter Systeme und Rechnernetze bei der Integration neuer Systeme in die bereits bestehende Infrastruktur ein signifikantes Problem dar. Zur Heterogenität der zu administrierenden Anwendungen, Systeme und Komponenten kommt somit die Heterogenität des Managements hinzu. Gelöst werden kann diese Problematik nur durch die Schaffung von Übergängen zwischen einzelnen Managementsystemen, um eine Interoperabilität und Kooperation unterschiedlicher Managementarchitekturen sicherzustellen. Hier sind in jüngster Zeit einige Arbeiten in Entwicklung; von einer umfassenden Lösung des Problems ist man jedoch auch hier noch weit entfernt.
Ein vielversprechender Ansatz, diesen neuen Herausforderungen an das Management zu begegnen, ist die Einführung eines umfassenden, systemübergreifenden und insbesondere auf die Ziele des Betreibers ausgerichteten Enterprise Managements , dessen Aufgabe darin besteht, die Vielzahl an unterschiedlichen Managementsystemen in ein einheitliches Rahmenwerk zu integrieren. Es schafft damit die Voraussetzungen, um Managementanforderungen und Zielvorgaben von Betreibern auf einheitliche Weise zu definieren und anzuwenden, sowie deren Durchsetzung zu überwachen.
Solange jedoch die technischen Gegebenheiten zur Kooperation von Managementsystemen nicht abschließend geklärt sind, scheitert die Anwendung und Durchsetzung von Zielvorgaben an deren Heterogenität. Die Sicherstellung der Kooperation bedingt die Zusammenfassung der zahlreichen bei den Betreibern vorhandenen Management(teil)systeme unter einen ,,Managementschirm`` für unternehmensweites Management, damit diese geeignet koordiniert werden können (vgl. hierzu auch [#!heab93!#]). Dieses sogenannte Umbrella Management fokussiert auf die technischen Aspekte zur Sicherstellung der Kooperation von Managementsystemen. Es befaßt sich insbesondere mit der Bildung von Übergängen zwischen heterogenen Managementarchitekturen sowie der Bereitstellung managementrelevanter Datenbestände zur Auswertung durch verteilte und möglicherweise heterogene Managementsysteme. Umbrella Management bildet durch die Abstraktion von einzelnen Architekturen die technische Grundlage für das betriebszielorientierte Enterprise Management durch die Schaffung von Interaktionsmöglichkeiten zwischen verteilten, nunmehr kooperativen Managementsystemen . Abbildung stellt diesen Zusammenhang graphisch dar.
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, daß die Problematik eines architekturübergreifenden Managements verteilter kooperativer Managementsysteme von fundamentaler Bedeutung für das Enterprise Management ist, bisher jedoch noch nicht hinreichend behandelt wurde. Die vorliegende Arbeit stellt einen Lösungsansatz auf der Grundlage der Common Object Request Broker Architecture (CORBA) für diese Problematik vor.