Im Gegensatz zu anderen Managementarchitekturen erfordert CORBA kein dediziertes Managementprotokoll, da hier Objekte durch das wechselseitige Aufrufen von Methoden interagieren. Ein Managementagent besteht in CORBA grundsätzlich aus jeweils individuellen Objekten, die per se weder über eine Enthaltenseinshierarchie verfügen, noch über hierarchische Namen. Kommunikationsinfrastruktur ist der Object Request Broker, der Client-Aufrufe an Server-Objekte ortstransparent weiterleitet. Somit spielt es aus Client-Sicht keine Rolle, ob das Server-Objekt lokal erreichbar ist oder sich auf einem entfernten System befindet. Voraussetzung ist hierbei natürlich die Konformität der ORBs zum CORBA-Standard [#!corba22!#], der unter anderem Mechanismen zur Interoperabilität unterschiedlicher ORBs spezifiziert. Der Kommunikationsmechanismus des ORB entspricht einem verbindungslosen Remote Procedure Call, der in der Regel auf einem TCP/IP-Protokollstack aufsetzt und jeweils eine Anfrage (bzw. die Rückantwort) an ein spezifisches Objekt weiterleitet. Folglich ist es bisher nicht möglich, eine Operation auf mehrere Objekte simultan anzuwenden; ein CORBA-Analogon zu den effizienten Scoping- und Filteringmechanismen, wie sie vom OSI-Management bekannt sind, existiert nicht. Dies würde auch nicht zuletzt am Fehlen hierarchischer Namen (siehe oben) scheitern.
Für das Management bedeutet das Vorhandensein des Dynamic
Invocation Interface (DII) ,
daß das Interface Repository (die Gesamtheit der MIBs aller Objekte
des ORB-Systems) jeweils die aktuellen
Schnittstellen der Managed Objects beinhaltet und zur Laufzeit nach
bestimmten syntaktischen (nicht nach semantischen) Kriterien
durchsucht werden kann, um anschließend Abfragen auf den so
ermittelten MOs auszuführen. Es ist daher nicht erforderlich, daß
einem Managementsystem explizit eine neue MIB bekanntgegeben
werden muß; dies geschieht implizit durch das Vorhandensein der neuen
Schnittstellen im Interface Repository. Eine neue Version eines
Agenten kann beispielsweise ohne Unterbrechung des Gesamtsystems und
ohne Neuübersetzung der entsprechenden Anwendung in das
Laufzeitsystem eingefügt werden. Wie wir in Abschnitt
aufzeigen werden, ist beispielsweise bei der
Internet-Managementarchitektur eine solche Vorgehensweise oft nur
durch manuelle Konfiguration durch den Administrator möglich und
erfordert im OSI-Management einen durch die Management Knowledge
Management Function realisierten Abfragemechanismus. Die
Verwendung des DII durch eine Managementapplikation bietet ferner den
Vorteil, daß diese nicht modifiziert werden muß, falls sich die
Server-Objekte ändern.
Um akzeptable Antwortzeiten des Gesamtsystems zu garantieren, ist es
notwendig, daß für einen Client die Möglichkeit besteht,
asynchrone Aufrufe an ein Server-Objekt zu richten. Da
asynchrone, nicht blockierende Aufrufe derzeit nicht Gegenstand der
CORBA-Spezifikation sind,
ist die Nutzung von sogenannten deferred synchronous Aufrufen
vorgesehen; synchrone Aufrufe sind ebenfalls möglich.
Erstere Aufrufart ist für Managementbelange eindeutig die geeignetere
Methode, da ein aufrufendes Managementsystem eine sogenannte
Handle für das Zielobjekt enthält, um zu einem späteren
Zeitpunkt den Status der Operation zu erfragen bzw. das Ergebnis
anzufordern. Während der Zeitspanne der Bearbeitung durch den Server
kann der Client weitere Aufrufe absetzen.
Treten beim Zugriff auf Attribute eines Objekts Fehler auf, bietet CORBA (im Gegensatz zu OSI) hierfür nur Standardfehlermeldungen; benutzerdefinierte, attributbezogene Fehlermeldungen sind - im Gegensatz zum OSI-Management - nicht vorgesehen.