Das Projekt P508 des European Institute for Research and Strategic
Studies in Telecommunications (EURESCOM) befaßt sich mit den
Aspekten der Verwendung von CORBA als Middleware für
Telekommunikationsnetze. Ziel des Projektes ist, eine Vorstellung zu
entwickeln, ob, wann und wie TINA (siehe Abschnitt
)
in den europäischen öffentlichen Telekommunikationsnetzen eingesetzt
werden kann und mögliche Migrationsszenarien, ausgehend von heutigen
Intelligenten Netzen , zu entwerfen. Die
Motivation hierzu liegt in der Ähnlichkeit der funktionalen
Aspekte von Telekommunikations- und Datennetzen, also der Mechanismen
für Betrieb, Administration, Management und Bereitstellung von
Diensten; demgegenüber bestehen Unterschiede bei
nicht-funktionalen Anforderungen wie zum Beispiel Verfügbarkeit
(tolerierbare Ausfallzeiten von wenigen Minuten pro Jahr) und
Skalierbarkeit (hinsichtlich einer zweistelligen Millionenanzahl von
Benutzern) sowie das Vorhandensein von Echtzeitanforderungen.
Die zwei zentralen Fragestellungen des Projekts lauten daher (vgl. auch [#!p508dcm!#]):
Die Migration von IN zu TINA impliziert den sukzessiven Austausch von
IN-Komponenten, wobei zur Sicherung bereits getätigter Investitionen
naheliegenderweise mit denjenigen Komponenten begonnen werden sollte,
die in relativ kleiner Anzahl vorhanden sind. Kandidaten hierfür sind
Service Management Functions (SMF), Service Control
Functions (SCF) oder Service Data Functions (SDF). In
großen Stückzahlen eingesetzte Komponenten wie Connection
Control Functions (CCF) oder Service Switching Functions
(SSF) sollten mit sogenannten Adaptation
Units gekapselt werden, um den
Umstellungsaufwand gering zu halten. Es ist daher davon auszugehen,
daß die IN-Switching-Funktionalität mittelfristig beibehalten wird.
Dieses Vorgehen ist in Analogie zu den in Abschnitt
behandelten multiarchitekturellen
Agenten zu sehen.
Das Problem der Interoperabilität zwischen bestehenden Intelligenten
Netzen und neuen, TINA-konformen Netzen wird durch die Einführung von
sogenannten Interworking Units
gelöst, die den in Abschnitt vorgestellten
Gateway-basierten Integrationsansatz realisieren. P508
beschränkt sich auf die Ebene der SCFs, da hier das Hauptaugenmerk
auf der Interaktion von Diensten liegt. Wichtig ist hierbei unter
anderem, daß die Dienste von ROSE
auf
vergleichbare CORBA-Dienste abgebildet werden. In beiden Fällen ist
es erforderlich, SS.7
-Protokolldateneinheiten in
entsprechende CORBA-Objektaufrufe umzusetzen. Der Unterschied zwischen
beiden Verfahren liegt darin, an welcher Stelle die Umsetzung erfolgt:
Im ersten Fall ist es im IN-Vermittlungssystem selbst, im zweiten Fall
wird ein Konverter zwischen die kommunizierenden IN- bzw.
TINA-konformen Vermittlungssysteme geschaltet. Für eine detaillierte
Diskussion dieser beiden Ansätze wird auf Kapitel
verwiesen.
Bezogen auf die zweite Fragestellung formuliert P508 Anforderungen an CORBA-Plattformen, die für die Telekommunikation geeignet sind. Hier ist an erster Stelle die Echtzeitfähigkeit zu nennen, die jedoch gegenwärtig von keinem kommerziellen ORB erreicht wird. Die OMG hat nicht zuletzt auf der Grundlage der in diesem Projekt identifizierten Anforderungen mit dem Control and Management of Audio/Video Streams RFP eine Architektur verabschiedet, die CORBA um Echtzeitfähigkeiten erweitert [#!ctel98!#].
Eine weitere in der Telekommunikation besonders wichtige Anforderung ist die softwaretechnisch (durch Replikationsdienste) implementierte Hochverfügbarkeit sowie die hardwareseitig (durch redundante Komponenten) realisierte Fehlertoleranz.
Grundsätzlich ist dafür Sorge zu tragen, daß das CORBA-System überhaupt auf einem SS.7-Protokollstack ablauffähig ist, da das SS.7-basierte Kernel Transport Network, über das sämtliche Kommunikation erfolgt, (zumindest mittelfristig) nicht modifiziert werden soll. Während Vermittlungssysteme über einen SS.7-Protokollstack verfügen, ist für CORBA momentan lediglich die Unterstützung der TCP/IP-Protokollsuite vorgeschrieben. Ein Inter-ORB-Protokoll auf der Grundlage von SS.7 muß daher definiert werden. Für die detaillierte Diskussion, auf welcher Ebene des SS.7-Protokollstacks dies erfolgen sollte sowie für die Definition des SS.7-Inter-ORB-Protokolls (SIOP) sei auf die sehr umfangreiche P508-Projektdokumentation ([#!p5081!#], [#!p5082!#]) verwiesen.
Die Migration von IN zu TINA betrifft natürlich auch die angebotenen
(Nutz-) Dienste, deren Schnittstellen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in
ASN.1 vorliegen. Um die Dienste in einer CORBA-Umgebung nutzen zu
können, müssen diese ASN.1-Schnittstellenbeschreibungen in IDL
überführt werden. Die Entwicklung von Compilern zur Umwandlung von
ASN.1-Konstrukten in OMG IDL ist daher der nächste Schritt auf dem
Migrationspfad zu TINA.